2001 Symposium der Malerei

Naturlandschaft – Werklandschaft

Ludwig Bäuml, Kallmünz (D), – „Cabrio und Wegwarte“
Waldimir Blinow, Petersburg (R), – „Die alte Brücke“
Bojidar Bowadjiev, Sofia (BUL), – „Vorgespräche I und II“
Tomasz Ciezierski, Warsw (PL), – „Ohne Titel“
Andrei Chintila, Bucuresti (RO), – „Werklandschaft“
Miguel Horta, Carneca da Caparica (P), – „Ohne Titel“
Patrik Kovacovsky, Bratislava (SL), – „Ohne Titel“
Armin Mühsam, Maryville (USA), – „The bridge“
Franz Pröbster-Kunzel, Freystadt (D), – „Platzhirsch“
Philippe Segeral, St. Germain Village (F), – „Das Werk“
Antonin Strizekn, Praha (CZ), – „Ohne Titel“
Laszlo Szotyory, Budapest (H), – „Ohne Titel“

Wir bauen ein kleines Europa

Wir bauen ein kleines Europa - unsere Bausteine sind nicht aus dem Steinbruch der großen Politik, unsere Bausteine sind geformt von den Menschen, die dieses Europa mit Leben erfüllen. Bezogen auf unsere kleine Gemeinde sind dies die Menschen, die hier leben und unsere Gäste, die wir so gerne bei uns begrüßen.

Bei unserem diesjährigen Symposium waren dies zwölf Künstler aus elf Ländern, die unsere Gemeinschaft mit ihren Persönlichkeiten und ihrer ausdrucksstarken Kunst bereichert haben. Betrachtet man die Länder, aus denen sie zu uns gekommen sind, von Portugal ganz im Westen bis St. Petersburg im Osten sowie die anderen Länder und Städte dazwischen, ist das schon von der Ausdehnung betrachtet eine beeindruckende  Region, die sich hier in konzentrierter Form in Beratzhausen, vertreten durch die Künstler, versammelt hat.

In diesen Momenten erleben wir hautnah ein kleines Europa in unserer kleinen Gemeinde, wie wir dies in den vergangenen zehn Jahren schon so oft erleben durften. Beratzhausen als kleines Modell für ein unkompliziertes, friedvolles Miteinander, ohne Gedanken an komplexe ökonomische Zusammenhänge, Beitritts-bedingungen, Beitrittsverhandlungen, Diskussionen um Chancen und Risiken der Osterweiterung usw. Ich will diese wichtigen politischen Bemühungen nicht abwerten, sondern ganz einfach den üblichen Blickwinkel ein wenig verändern oder ergänzen - den Blickwinkel auf die Menschen, die dieses Europa leben. Wir fragen nicht danach, was Menschen anderer Nationen uns nutzen, sondern was wir gegenseitig voneinander gewinnen können.

Mit Hilfe der Künstler gelingt uns dies immer sehr leicht, weil Künstler bei länderübergreifenden Projekten schon immer unkompliziert und beispielgebend waren. Dies durften wir in den vergangenen zwei Wochen wieder erleben, als diese kleine Gemeinschaft innerhalb kürzester Zeit zusammen wuchs und sich intensiv mit unserem Thema beschäftigte: "Naturlandschaft - Werklandschaft". Eine große thematische Herausforderung, die wir nur durch die freundliche und stets zuvorkommende Unterstützung von den Verantwortlichen des BMW Werkes Regensburg eingehen konnten. Im Werk und bei Besuchen in Beratzhausen haben Sie dieses Symposium nicht nur gesponsert, sondern das Thema mit uns entwickelt, miterlebt und begleitet.

Als Veranstaltungsform haben wir die bei uns bewährte und intensive Form des Symposiums gewählt. Bewusst haben wir Abstand genommen von modernen Kunst-Events unserer Zeit: Wir ziehen die Kuh nicht mit dem Hubschrauber in die Luft, um sie im Rahmen eines Events fallen zu lassen. Wir lassen die Kuh im Dorf und laden in

diese beschauliche Gemeinde Künstler ein, die bereit sind, sich auf ein interessantes Thema und neue Menschen einzulassen. Wie intensiv sie das getan haben, sehen sie an der Vielfalt  der Werke, die wir Ihnen heute präsentieren können. Nach Spaziergängen im Werk und in unserer Natur des Oberpfälzer Jura haben sie den Blick auf Dinge geworfen, die wir vielleicht nicht so gesehen oder nicht mehr so intensiv wahrgenommen haben. Und sie haben diese Dinge mit ihrer Phantasie und Kreativität in einer neuen Form zum Ausdruck gebracht. Wenn Bojidar Bowadjiev aus den Zeichnungen von zwei Bauteilen von einem BMW-Mitarbeiter zwei eigene Kunstwerke in Airbrush-Technik konzipiert und diese in Beziehung zueinander setzt, wenn Wladimir Blinow eine Stadtansicht Regensburgs in Verbindung mit seiner gezeichenten Mauer bringt, wenn Tomasz Cieciersci seine Inspirationen in der Natur auf einem Bild, das aus 13 aufeinander geschichteten Leinwänden besteht, zum Ausdruck bringt, Miguel Horta Motorenteile in seine Farbland-schaften integriert, Antoni Strizek einen BMW in eine metaphysische Landschaft stellt, Patrik Kovacovsky  kleine Ausschnitte alter BMW Modelle ins Zentrum des Betrachters rückt, wenn Armin Mühsam die große Eisenbahnbrücke in unserem Labertal aufnimmt, Philippe Ségéral eine Außenansicht des BMW-Werkes in Relation zu einem überwältigen Himmel stellt, Andrei Chintila eine Balance zwischen Naturlandschaft und dem Werk herstellt, wenn Franz Pröbster-Kunzel mit selbst gebauten Lederpinseln eindrucksvolle Bäume unserer Region in den Mittelpunkt stellt, Laszlo Szotyory eine Serie über Flusslandschaften unseres Ortes inszeniert oder wenn Ludwig Bäuml Naturlandschaften auf sonst glatt polierte Karosserieteile eines BMW´s projeziert und uns zu einer "Fahrt ins Blaue" einlädt, dann erahnen Sie vielleicht an diesen Beispielen von kurzen Momentaufnahmen, welche thematische Arbeit sich in den vergangenen Tagen unter den Künstlern entwickelt hat.

Da unsere Besucher und wir in diesen zwei Wochen bei Atelierbesuchen, in der Gaststätte, im Café, im Blues-Konzert, auch die Menschen näher kennen lernen durften, verstehen wir ihre Interpretationen dieses Themas vielleicht noch etwas besser als der Ausstellungsbesucher, der diese Werke zum ersten Mal sieht.

Neben der Symposiumssprachen Englisch und Deutsch entwickelte sich die Sprache der Bilder, der Gesten, der Momente. Wäre dies nicht ein wunderbares Modell für die Weiterentwicklung eines gemeinsamen Europas? Wie viele interessante Themen gäbe es, die es Wert wären, von Menschen verschiedener Nationen, aus deren Blickwinkel und mit deren Gestaltungsmöglichkeiten in der Gemeinschaft eines Symposiums zu bearbeiten? Würde ein gemeinsames Europa, dessen Entwicklung der Rahmenbedingungen sicher sehr bedeutend sind, nicht eine zusätzliche qualitative Komponente erhalten, die bisher noch zu kurz kam. Wäre dieser Baustein, den ich "Kunst und Kommunikation" nennen möchte, nicht ein wertvoller Baustein für eine lebendige Gemeinschaft?

Wir bauen ein kleines Europa - ich denke, wir sollten weiter nach Themen suchen, die wir mit Hilfe der Kunst und den unterschiedlichsten Mitteln der Kommunikation bearbeiten wollen. Auch wenn der Ort und die beteiligte Gemeinschaft - oberflächlich betrachtet - noch so klein erscheinen mögen, lassen Sie uns nicht den Mut zur Intensität im kleinen Rahmen verlieren. Die Kunst und die Künstler werden uns dies erleichtern, weil sie frei und ungezwungen sind und damit sehr nahe an der Natur des Menschen. So war auch unser Thema "Naturlandschaft - Werklandschaft" immer sehr nahe an den Menschen. Dass wir in den vergangenen zwei Wochen hier in Beratzhausen unser kleines "Modell Europa" erleben durften, dafür danke ich den Künstlern, die unsere Gemeinschaft unglaublich bereichert haben. Ich bin sicher: Wir werden uns wieder sehen - irgendwo in Europa...

Michael Eibl, Projektleiter