2007 Symposium der Malerei

Europa grenzenlos? – Zeit in Bewegung

Szentpetery Adam, Budapest (H), „Zeitstrukturen -1 +1“
Delia Chausheva, Sofia (BUL), – „On the road“
Renate Christin, Sinzing (D), – „07.07.07“
Bernhard Dagner, Krummennaab (D), – „3:10-Tempus-Fugit“
Malgorzata Dobrzyniecka-Kojder, Lodz (PL), – Paracelsusstraße 29″
Monique Francoise, Sterrebeek (B), – „Zeit in Bewegung“
Waldemar Mattis-Teutsch, Brasov (RO), – „DOT Matrix 8“
Judith Nem’s, Saint Maur (F), – „Haus Europa“
Liviu Stoicoviclu, Bucharest (RO), – „Der goldene Schnitt“
Hermann Zoltan, Budapest (H), – „Außerhalb der Zeit I und II“

Die künstlerischen Impulse zu einem Verständnis von Zeit in Bewegung bilden eine wertvolle Grundlage zum Nachdenken über das Thema Zeit in einem politischen und gesellschaftlichen Kontext, in dem wir die Entwicklung des gemeinsamen Europas thematisieren. Hier geht es nicht um eine physische Folge von Ereignissen, beginnend bei Karl dem Großen bis hin zum Europa der 27 Nationen.

Denkt man an ein Europa als „Zeit in Bewegung“ wie sie von Dr. Ingo Glass definiert wurde, rücken die Dimensionen menschlichen Handelns, die Wechselwirkung von geschichtlichen Ereignissen und menschlichen Beziehungen, genau jene Motivationen, die uns geholfen haben, das starre nationalistische Denken zu überwinden, die Visionen und Träume in den Mittelpunkt des Interesses.

Diese Grundlage eines Diskurses führt uns in eine Dimension des Denkens, das den europäischen Gedanken nicht darauf reduziert, welche organisatorischen und politischen Herausforderungen zu bewältigen sind, sondern es eröffnet uns schier unbegrenzte Möglichkeiten der Entfaltung. Dieses Verständnis von Entfaltung einer Europäischen Gemeinschaft beschränkt sich nicht auf die Frage nach den geografischen Grenzen, sondern sie hilft uns, die tieferen Werte des europäischen Gedankens zu erschließen, deren wesentliches Element nicht darin besteht, Bestehendes zu vereinigen, zu integrieren und schließlich abzugrenzen, sondern dem Denken und Handeln  unter dem Leitmotiv der Integration von Menschen keine Grenzen setzt und somit uns grundlegende Ideale wie Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit  grenzenlos (er)leben lässt.

 

Während des Symposiums hat unser Kuratorium zu zwei Veranstaltungen in Zusammenarbeit mit der Hanns Seidel Stiftung eingeladen, um über die Themen „Zeit“ und „Europa der Regionen“ nachzudenken.

 

 „Ticken wir noch richtig?“ fragte der Zeitforscher Prof. Karlheinz A. Geißler und hinterfragte unser Zeitverständnis in verschiedensten Lebenssituationen. Nachdenklich hinterfragte er den Zeitgeist:

„Neuerdings beschleunigen wir nicht mehr, wie noch vor 40 Jahren, durch eine Steigerung der Schnelligkeit, heutzutage beschleunigen wir durch mehr Vergleichzeitigung: Am Strand sitzend, den Laptop auf den Knien, das Mobiltelefon daneben und die tobenden Kinder jederzeit im Augenwinkel, das ist die schöne neue Welt, die wir auf Hochglanzprospekten heute immer wieder angepriesen bekommen. „Multitasking“ heißt dafür das aus dem Amerikanischen eingewanderte Zauberwort und deshalb heißt es auch im Deutschen so. Autofahrer kennen und praktizieren das. Sie sind, wie Handy-Nutzer auch, zu Jongleuren des Gleichzeitigen geworden. Ich nenne sie „Simultanten“ und die weibliche Ausprägung davon „Simultantinnen“.

Der Mitbegründer des Tutzinger Projekts „Ökologie der Zeit" diskutierte anschließend mit Dr. Rudolf Ebneth , Sprecher des BMW Werkes Regensburg und Adriana Popescu, Direktorin des rumänischen Kulturinstitutes ,Berlin. Unter der Moderation von  Siegfried Höhne vom Bayerischen Rundfunk dachten die Gäste darüber nach, ob unser Leben in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft zu schnell geworden ist. „Fressen die Schnellen wirklich die Langsamen? Kann der Mensch in der schnelllebigen Zeit noch mithalten? Brauchen wir mehr Muse? Das Thema Zeit wurde von den Beratzhausener Musikern Markus Nitschmann und Wolfgang Pöppl musikalisch interpretiert.

 

Mit einem zweiten Vortrags- und Diskussionsabend beleuchtet das Kuratorium Europäische Kulturarbeit die politische Seite des Symposiums.

Über Europa als Werte- und Kulturgemeinschaft sprach Dr. Hans Zehetmair im Zehentstadel.

„Die abendländische Kultur ist eine europäische Kultur, und der gemeinsame geistige Fundus ist ihr Fundament. Ganz Europa hatte Teil an den gleichen kulturellen Strömungen: Von der griechisch-römischen Antike und dem lateinischen Mittelalter über Renaissance, Barock und Romantik bis zur Moderne. Und doch hat diese geistige Einheit überall eigenständige Ausprägungen gefunden mit Charakteristika, die sich von Region zu Region unterscheiden. So gibt es Kunst und Brauchtum in Europa, aber keine „Europäische Kunst“ und kein „Europäisches Brauchtum“.

Die historisch gewachsene regionale Vielfalt und Identität unter dem gemeinsamen europäischen Dach ist der Reichtum von Europa und macht die Idee von Europa so faszinierend und ihre Verwirklichung so spannend.

Nur im Spannungsfeld von Einheit und Vielfalt können wir die großartige Idee eines politisch geeinten Europa Schritt für Schritt verwirklichen. Dieses Spannungsfeld hat sich als ein stabilisierendes Moment der europäischen Einigung erwiesen. In der Kulturpolitik wird deutlich, wie diese scheinbar gegensätzlichen Prinzipien einerseits das Miteinander fördern, andererseits die kulturelle Identität im zusammenwachsenden Europa der Regionen sichern.“

Der Vorsitzende der Hanns Seidel Stiftung diskutierte anschließend mit Claudiu Florian, rumänischer Kulturattaché, Dr. Benedictus Nieuwenhuis aus Brüssel, Bezirkstagspräsident Rupert Schmid, Landrat Herbert Mirbeth, Bürgermeister Georg Thaler über „unsere Region in/ und Europa“. Die Veranstaltung wurde von Gerd Otto, ehemaliger Chefredakteur der MZ moderiert.

Bereits vor dieser Veranstaltung hatten die Schüler der Gottfried Kölwel Schule ihren großen Auftritt. Sie gewannen ihre Wette mit der Mittelbayerischen Zeitung, weil sie während des Symposiums mehr als 50 Gemälde zum Thema „Europa“ geschaffen hatten.

 

Musikalisch bereichert wurde das Symposium durch eine italienische Nacht mit der Italo-Pop-Band „I dolci signori“ mit etwa 700 Gästen und einem Open air Festival für die Jugend mit etwa 1500 Musikfans.

 

„Europa zu Gast“ war bereits zum 6. Mal das Motto bei einem internationalen Kunstsymposium in Beratzhausen. Dank unserer Gäste und vieler Beratzhausener Bürgerinnen und Bürger konnten wir wieder einmal ein kleines Modell Europa erleben.